Les Pêcheurs de perles
    Die Perlenfischer
    Oper 3 Akte, 4 tableaux
    Michel Florentin Carré, Eugène Cormon [Pierre-Étienne Piestre]
    30. Sept. 1863 Paris, Théâtre-Lyrique
    Musik von Georges Bizet

    LP - CD - DVD

    Les Pêcheurs de Perles, die er als 24jähriger schrieb, haben ein schwülstiges Libretto, das zu Meyerbeers Begabung für das Heroische besser gepaßt hätte als zu Bizets lyrischer und Charakterisierungskunst. Das banale Textbuch behandelt einen Konflikt zwischen Liebe, Freundschaft und heiliger Pflicht. Bizet bemühte sich, die Schwäche des Textbuchs durch die Verwendung von kennzeichnenden Themen für die einzelnen Träger der Handlung zu überwinden. Diese Methode war nicht neu. Meyerbeer hatte sie bereits benutzt, und ihre Anfänge gehen auf Mozart und Händel zurück. Sie ist etwas anderes als die sinfonische Art Wagners, bei dem die Leitmotive ein integrierendes Stilelement bilden. Bizet verwendete diese Themen nicht als organische Strukturteile; sie sind wesentlich dramatisch und nicht nur rein musikalisch. Er verfolgte den Zweck, mit Hilfe gewisser musikalischer Phrasen, die mit bestimmten Personen oder Gedanken der Handlung verknüpft sind, den Hörer durch das Geschehen hindurchzuleiten. Noch wußte er dieses Verfahren nicht geschickt anzuwenden. Der von den Librettisten zufällig gewählte Schauplatz aber gab ihm eine gute Gelegenheit, seine eigenste Begabung in dieser Oper zu zeigen.

    Das Stück spielt auf Ceylon, in einer Gegend, die seit Félicien Davids erfolgreicher sinfonischer Ode Le Désert die Phantasie des frz. Publikums und die von der östlichen Welt bezauberten Musiker gleichermaßen entflammt hatte. Davids Harmonik hielt sich streng an die Regeln; seine melodische Erfindungsgabe war gering, aber er verwendete gewisse eigentümliche Rhythmen, die als ostinato ständig wiederkehrten, oft mit Orgelpunkt und farbenreicher Orchestrierung. Bei Bizet gelangte seine Saat zur Blüte, denn Bizets sämtliche Opern haben einen ausländischen oder gar exotischen Schauplatz. Darin war er also nicht einzigartig, aber er allein schuf exotische Hintergründe, die zugleich dramatisch überzeugend und musikalisch interessant waren. Seltsamerweise scheint Bizets exotischer Stil nicht dramatischen Ursprungs zu sein. Eine erste Andeutung davon findet man bereits in dem langsamen Satz seiner C-Dur-Sinfonie, die er 1855 schrieb, bevor er sich überhaupt an dramatische Musik heranwagte. Hier sind die gleichen eigentümlichen Rhythmen, die lang und schmachtend ausgesponnenen Melodien und in der Coda die Verbindung von Chromatik und Orgelpunkt, wie er sie späterhin so eigenartig zu verwenden pflegte. Das wichtigste neue Element besteht darin, daß er einen langen Orgelpunkt als Untergrund für ein buntes Kaleidoskop chromatischer Farben benutzt. Aber im Gegensatz zu David geht er dabei dem gellenden Mißklang nicht aus dem Wege. Er benutzt ihn, um den Bereich der nicht-dramatischen Musik zu erweitern, als Träger der Lokalfärbung und -atmosphäre und zur Verstärkung der dramatischen Spannung in Augenblicken der Krisis, wenn nämlich das Orch. den Gemütskonflikt der Handelnden zum Ausdruck bringt.

    Der Eingangschor und Tanz in Les Pêcheurs de Perles, Nadirs Solo »De mon amie« im 2. Akt, dessen Anfangschor schon auf L'Arlésienne hindeutet, die Szene mit Leilas Schwur im 1. Akt, die eine Vorahnung der Carmen ist - alles das zeigt Bizets Exotismus in seiner schlichtesten und poetischsten Form, seine Verwendung des harmonischen Kolorits und der dramatischen Spannung. Manches an der Oper ist jedoch schwach und gesucht. Zu Bizets Natur gehörte eine starke Neigung zur Sentimentalität, die ihn oftmals für die sacharinsüße Art und die symmetrische und engherzige Rhythmik Gounods empfänglich machte. Noch in Carmen findet man diese Neigung, wenn auch ein Vergleich zwischen Micaëla und Gretchen keinen Zweifel darüber läßt, welche Musik die höherstehende ist. In Les Pêcheurs de Perles war Bizet seinem Meister noch sklavisch untertan, und in Ivan le Terrible (1865) stand er noch unter dem Bann von Gounods Frömmelei und Meyerbeers falschem heroischen Pathos.

  • Leila (eine Brahma-Priesterin) - Sopran
  • Nadir (ein Jäger) - Tenor
  • Zurga (König der Fischer, sein Freund) - Bariton
  • Nurabad (Oberpriester) - Baß
  • Priester, Perlenfischer und Stammesälteste, Frauen und Kinder, Volk

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